In dieser Podcast-Folge „Vom Hype zum Handeln“ spreche ich mit Martina Schmidhuber, People-&-Culture-Leiterin in der Hotellerie (ca. 1.200 Mitarbeitende), über sinnvolle KI-Einsätze im HR und in Servicebetrieben. Martina sieht KI als „Helferin“ bzw. Impulsgeberin - nützlich etwa für Stellenausschreibungen, das Formulieren von Interviewfragen oder ein vorsichtiges Prescreening. Entscheidend bleibt jedoch die menschliche Kontrolle: Wer sich blind auf Algorithmen verlässt, riskiert Fehlbewertungen und übersieht unkonventionelle Talente. Zentrales Thema ist Bias. Menschen kategorisieren, was entlastet, aber beispielsweise zu Verzerrungen führt: 🚨 Gender Bias 🚨 Confirmation Bias 🚨 Halo-Effekt KI kann helfen, gewisse Verzerrungen zu reduzieren (z. B. durch Fokus auf Daten statt Fotos), trägt jedoch selbst algorithmische Biases in sich. Ziel ist daher nicht „Bias-frei“, sondern „bias-sensibel“ zu agieren: KI als Werkzeug, Menschen als reflektierte Entscheider:innen. Im direkten Gästekontakt warnt Martina vor zu viel Automatisierung. Hotellerie lebt von Beziehung, Empathie und situativ-spontaner Kommunikation. Roboter oder Chatbots können im Hintergrund entlasten (Geschirrtransport, Wäschelogistik, Routineauskünfte), sollten aber nicht die persönliche Begrüßung, das Gespräch an der Rezeption oder den Service am Tisch ersetzen. Gerade nach Corona sei spürbar, wie sehr Menschen menschliche Interaktion brauchen. Skeptisch sieht sie deshalb den Trend zu Chatbots im Kundendialog: Nützlich für Standardfälle, frustrierend bei individuellen Anliegen. Auch bei Daten-getriebenen Personalentscheidungen mahnt Martina zur Vorsicht: 📌 Zahlen erklären selten die ganze Geschichte. 📌 Leistungseinbrüche haben oft menschliche Gründe, die Gespräche erfordern. Ihr „KI-Wunsch“: Systeme, die wirklich entlasten, damit Fachkräfte mehr Zeit für Menschen haben – eine Parallele zur Pflege, wo Automatisierung Routinen übernehmen sollte, um Beziehungsarbeit zu stärken. Fazit: KI ja – dort, wo sie Freiräume für Menschlichkeit schafft; nicht dort, wo sie sie ersetzt.
Wie kann KI im People&Culture Bereich Sinn machen – und wie sieht dabei der ethische Rahmen aus?
P&C Expertin Martina Schmidhuber teilt ihre Sicht auf unterschiedliche Aspekte aus der Praxis, für die Praxis.
Es geht - wie fast immer - um Beziehungen, Menschlichkeit und das Denken über den Tellerrand hinaus.
Mehr zu Martina findest du auf ihrem LinkedIn-Profil.
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Das „Große Ganze“ sehen
Gerade KI - die menschliches Denken nachahmt – setzt für gelingende Transformation voraus, dass Menschen und Mitarbeiter im Zentrum der Betrachtung stehen.
"Ein Unternehmen ist eine Ansammlung von Menschen, die zu einem bestimmten Zweck zusammenarbeiten". Dabei geht es darum, Ängste ernst zu nehmen und gleichzeitig Begeisterung für neue Möglichkeiten der Digitalisierung zu wecken.
In "Vom Hype zum Handeln" werden wir
Deine Hosts: Experten aus digitalem Marketing, Organisationsentwicklung / IT
Mit ihrem digitalen bzw. IT-Hintergrund geht es den Hosts Petra und Daniel darum, den Blick weg von Technik, hin zum zentralen Erfolgsfaktor für digitale Transformation zu lenken: Dem aktiven Gestalten von und für Menschen in Organisationen.
Petra LIEBL
Als erfahrene Onlineexpertin und zertifizierte Digitalberaterin Petra verbindet Strategie, digitales Marketing und KI zu wirkungsvollen Online-Lösungen für Unternehmer:innen.
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Daniel KNABL
Daniel Knabl ist IT-Experte, Unternehmensberater und systemischer Coach. Mit langjähriger Erfahrung entwickelt er innovative Strategien an der Schnittstelle von Technologie, Kommunikation und Organisation.
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Weitere Beiträge zum Thema digitale Transformation findest du unter https://dertransformationspodcast.at/ gesammelt.
Daniel: Willkommen bei „Vom Hype zum Handeln“, dem Transformationspodcast. In der heutigen Folge befassen wir uns mit KI im Bereich People and Culture, und zu Gast ist Martina Schmidhuber, ihres Zeichens People-&-Culture-Leiterin in der Hotellerie, zuständig für rund 1.200 Mitarbeiter:innen. Sie ist Vortragende, Lehrende und kreativer Kopf. Hallo Martina.
Martina: Hallo Daniel, danke für die Einladung.
Daniel: Martina, ich habe heuer schon das Vergnügen gehabt, dich kennenzulernen bei einem Barcamp. Leider ist es sich nicht ausgegangen, dass ich bei deinem Vortrag zur Gänze dabei war. Umso mehr freut es mich, heute die Gelegenheit zu haben, zu sprechen. Wir befassen uns ja sehr stark mit dem Hype KI und der Fragestellung: Wie kann eine Transformation gelingen? Wie kann man vom Hype ins Handeln gehen? Und da drängen sich einige Fragen auf, speziell in deinem Umfeld. Ich würde gern mit der ersten Frage beginnen: Wo ist denn KI eine Partnerin?
Martina: Zunächst: Wir sitzen hier in der Zentrale in Kufstein und sind für zehn Standorte, zehn Hotels in ganz Österreich zuständig, mit insgesamt 1.200 Mitarbeitenden in Gastgewerbe, Gesundheitsberufen und Hotellerie. Hier in der Zentrale sind wir für das ganze Recruiting und Employer Branding in diesen zehn Hotels an diesen zehn Standorten in Österreich zuständig. Und da ist natürlich schon die erste Herausforderung – so ganz ohne KI bereits: Wie können wir uns gut austauschen, gut kommunizieren und wie können wir die zehn Standorte, die Hotels, die Leute vor Ort so unterstützen, dass sie gut arbeiten können? Das ist unsere Herausforderung. Und wenn wir jetzt überlegen, wie wir das gut machen können, dann ist durchaus auch die Fragestellung, ob wir uns hier KI zunutze machen können: dass wir zum Beispiel bei Stellenausschreibungen überlegen, ob wir hier die KI fragen, ob sie uns Input gibt für gewisse Stellen. Ja, wenn man jetzt sagt, eine Stelle, die nicht allzu häufig ist – sagen wir, es wird ein Wein-Sommelier gesucht –, was soll der oder die mitbringen an Kompetenzen? Das wäre so etwas, wo ich sage, da ist die KI durchaus Partnerin.
Aber ich würde das vielleicht insofern relativieren, dass sie keine Partnerin ganz auf Augenhöhe ist, sondern so ein bisschen darunter, weil wir als Menschen das doch immer kontrollieren und beobachten sollen. Also keine Partnerin, auf die man sich zu 100 Prozent verlässt und sagt: „Ah, das hat eh die KI erledigt und ich brauche das gar nicht mehr kontrollieren“, sondern wirklich vielmehr, dass man sich Rat holt – unter Anführungszeichen – und dann aber selbst nochmal mitdenkt, drüberschaut und überlegt: „Ist es jetzt wirklich sinnvoll für den Kontext, in dem ich das Ganze brauche?“ Warnen würde ich tatsächlich davor, zu sagen, es ist etwas, was wir dann als Selbstläufer nutzen und gar nicht mehr mitdenken. Also mitdenken ist weiterhin erlaubt, auch trotz KI. Das finde ich einen ganz wichtigen Aspekt.
Daniel: Wir haben ja mal kurz gesprochen, worüber wir uns heute in etwa unterhalten werden, und du hast einmal gesagt, eine der zentralen Thesen oder der zentrale Faktor in dem ganzen Geschehen ist der Faktor Mensch, und er darf nie zu kurz kommen. Gleichzeitig habt ihr schon Versuche gestartet, KI zumindest als Helfer einzusetzen, wenn es um Jobprofile geht, um Ausschreibungen. Wie lässt sich das nach deiner Erfahrung unter einen Hut bringen, dass der Faktor Mensch im Mittelpunkt steht und gleichzeitig die Maschine als Helfer ins Spiel kommt? Was sind denn so die großen Herausforderungen dabei, und wo würdest du sagen, bringt es Vorteile mit sich?
Martina: Also da kann man eigentlich den ganzen Bewerbungs- oder Recruiting-Prozess durchgehen. Der erste Schritt wäre, wenn man sagt, man überlegt sich eine Stellenausschreibung, dass man die KI als Impulsgeberin versteht – also eben nicht ganz auf Augenhöhe, sondern als kleinere Partnerin. Du hast ja jetzt gesagt, „Helferin“, das gefällt mir auch sehr gut – für Ideen, auf die man vielleicht selbst nicht gekommen wäre. Das muss man ehrlich sagen, dass manchmal die KI schon gute Vorschläge macht. Was dann tatsächlich schwieriger wird, ist, wenn man ihr das Interview überlässt – also dieses Bewerbungsgespräch, wenn dann Bewerbungen reinkommen. Da kann man sich vielleicht auch Impulse holen im Sinne von Interviewfragen im Vorhinein vorschlagen lassen, die man natürlich auch kritisch durchdenkt und schaut: Macht es Sinn? Wie möchte ich dann die Gespräche führen, und wo könnte es problematisch sein? Aber das ist etwas, was man, glaube ich, immer ausprobieren und auch beobachten muss und auch immer wieder selbstkritisch beobachten muss, nämlich beim Prescreening von Bewerbungen. Also gerade im Recruiting finde ich, das ist durchaus ein Bereich, wo es um die Mensch-zu-Mensch-Beziehung geht. Und da kann man die KI zwar drüberlaufen lassen, wenn man gewisse Kriterien anlegt an diese Stelle – man hat ja nicht umsonst die Stellenausschreibung mit den Kompetenzen, die man angibt, die verlangt werden, die erwünscht sind –, aber wenn man sich dann nur darauf verlässt und die KI dann diese Bewerbungen schon vorsortiert, die man sich hier wünscht aufgrund des Profils, dann kann es sein, dass einem, salopp gesagt, etwas durch die Lappen geht: nämlich Menschen, die vielleicht ganz andere Qualifikationen haben, andere Kompetenzen, die man selbst gar nicht im Kopf hatte und nicht mitberücksichtigt hatte. Und das wäre dann schade, eigentlich.
Also wenn man sagt, ja, weil die KI das jetzt schon aussortiert hat, schaue ich dann nicht mehr drauf – das zeigt, dass es einfach nicht genug ist, der KI zu viel zu überlassen, und dass es deshalb wichtig ist, dass man da selbst nochmal auf jeden Fall drüberschaut. Im Gespräch ist es ja genauso, wenn man dann einen Schritt weiter denkt. Man sagt jetzt: Okay, da ist jemand, der hat einen ganz tollen Lebenslauf, die KI sagt, das ist quasi die Top-1-Kandidatin oder der Top-1-Kandidat, und dann ist es aber so, dass der zwar auf dem Papier eben ganz großartig wirkt, vielleicht zu zurückhaltend ist für die gesuchte Stelle, für die gesuchte Position, oder aber auch nicht besonders sympathisch – und gerade in der Hotellerie wollen wir ja Menschen, die auf andere Menschen zugehen können, die ein freundliches Wesen haben. Also auch da kommt ganz viel ins Spiel, was die KI nicht leisten kann.
Daniel: Das waren jetzt schon ein paar ganz interessante Aspekte und ein recht großes Feld. Also wenn ich es für mich so rekapituliere, dann sagst du, die KI als Werkzeug kann zum Beispiel im Screening von Unterlagen oder im Prescreening von Bewerbungsunterlagen schon hilfreich sein, bringt aber gleichzeitig das Risiko mit sich, Dinge zu übersehen oder Dinge falsch zu bewerten, falsch zu gewichten. Jetzt werden einige der Zuhörer:innen wahrscheinlich auch Gänsehaut bekommen und an den George-Orwell’schen Überwachungsstaat denken. Wie würdest du als Ethikerin damit umgehen? Was sind denn so Aspekte, die dir dann sehr wichtig sind, wenn die Maschine zum Einsatz kommt und der Mensch die schlussendliche Kontrolle hat? Ich denke, da können wir uns darauf einigen, dass das immer wichtig ist. Wie kann man im Vorfeld aber schon sicherstellen, dass dieses Agieren der Maschine eben nicht in so dystopische Züge ausartet?
Martina: Ich denke, das hat damit zu tun, dass man als Mensch in dieser – unter Anführungszeichen – Zusammenarbeit mit der Maschine kritisch bleibt. Da nennen wir in der Ethik das einen „slippery slope“ oder einen sogenannten rutschenden Hang. Wenn man sich irgendetwas zunutze macht, das man dann vielleicht falsch oder nicht mehr ethisch korrekt einsetzt, weil es einfach ein Selbstläufer wird – der rutschende Hang. Das macht die KI, und das überlässt man der KI, und dieser Reiz dieser Effizienz – das wird ja genauso gehypt, um diesen Begriff auch zu verwenden, den ihr als Podcasttitel habt –, also dieser Hype der Effizienz, weil alles schneller gehen muss und man selbst es nicht mehr machen braucht, kann sich dann auf ganz was anderes konzentrieren. Aber ich denke, das ist das Kerngeschäft von uns im Recruiting, dass wir uns auf den Menschen konzentrieren und nicht alles der KI überlassen. Insofern ist diese Kontrolle oder das immer Mitwirken und Mitdenken des Menschen unabdingbar, um eben hier in kein Fahrwasser zu kommen, das wir dann gar nicht wollen und irgendwann rückblickend sagen: Ah, was ist da jetzt passiert? Jetzt haben wir der KI so viel überlassen, dass wir eigentlich gar nicht mehr so richtig im Blick haben, wie das passiert ist. Und deshalb muss man immer aufmerksam sein.
Daniel: Das heißt, Aufmerksamkeit ist das Maß der Dinge, wenn man so will, und die Letztverantwortung liegt beim Menschen. Das „slippery slope“ ist ein neuer Begriff für mich in dem Kontext, finde ich aber sehr spannend. Das heißt, du erlebst es auch in der Beobachtung, dass Technologien und Werkzeuge, die neu auftauchen, eine Verlockung mit sich bringen. Und in Zeiten, wo Effizienz gleich Geld, gleich Wertschöpfung, gleich Gewinn ist, wird die Frage natürlich immer wieder sein: Wie können wir noch wertschöpfender, noch gewinnbringender agieren? Und da kann die Verlockung durchaus groß sein, der Maschine mehr zu überantworten, als es vielleicht schlussendlich Sinn macht. Führt zu meiner Frage: Wo sind sinnvolle Einsatzbereiche, so richtig gute Einsatzbereiche? Du hast gesagt, das Prescreening, dann irgendwo Impulse und Ideen für die Erstellung von Bewerbungsprofilen oder für Ausschreibungen – was wären denn noch so Bereiche, wo aus deinem Verständnis heraus der Einsatz von KI vielleicht Sinn ergeben könnte?
Martina: Also ein Bereich, über den ich schon länger nachdenke und wo ich jetzt selbst noch nicht ganz für mich entschieden habe, ob er besonders gut oder eben auch mit Vorsicht zu genießen ist, ist das Thema Bias. Wir wissen ja, dass wir Menschen einen Bias haben, das heißt, wir haben, wenn wir jemanden sehen, wahrnehmen, meistens Vorurteile oder gewisse Kategorisierungen, die wir vornehmen, weil uns zum Beispiel jemand an jemanden, den wir nicht mögen, erinnert und dann kommt er quasi in eine Schublade. Man weiß aus psychologischer Sicht, dass das durchaus sinnvoll ist, dass Menschen kategorisieren, weil das das Gehirn entlastet und weil wir so besser durch den Alltag kommen. Aber es ist natürlich gleichzeitig auch gefährlich. Wenn wir uns zum Beispiel den Gender-Bias anschauen – dass man von vornherein davon ausgeht, der oder die kann das nicht, weil sie eine Frau ist oder er ein Mann ist –, oder den Confirmation Bias: Das wäre, dass wir uns selbst damit bestätigen, wenn wir sagen, ah, der hat so einen tollen Lebenslauf, der ist sicher auch ein toller Mensch, weil wir davon ausgehen und uns selbst natürlich etwas Gutes tun wollen und dann automatisch denken, der wird jetzt auch ein guter Kandidat sein, und uns selbst nicht enttäuschen wollen. Das wäre, sich selbst diese Bestätigung einzuholen und das Gegenüber dann nicht kritisch zu beobachten. Oder ganz klassisch auch der Halo-Effekt: Man weiß, dass besonders attraktive Menschen dann häufig auch als gut angesehen werden – also schön ist gleich gut – und das kann einen blenden. Das sind alles so menschliche Faktoren. Und da könnte man sagen, da ist die KI insofern eine gute Hilfestellung, dass sie das natürlich nicht beurteilt. Also sie hat keinen Bias in diese Richtung. Andererseits ist es natürlich auch mit Algorithmen verbunden, und auch da ist schon ein Bias drin. Also das zeigt, dass es unterschiedliche Formen von Bias-Möglichkeiten gibt, die man dann erst recht wieder kritisch betrachten muss.
Also ich glaube, man kann sie sich zu Hilfe nehmen, wenn man sagt, ich will jetzt kein Foto am Lebenslauf und ich will nur Daten und Fakten und lasse das dann vorsortieren, Prescreening machen. Aber wenn es dann wirklich darauf ankommt, näher hinzuschauen, dann muss ich da als Mensch nochmal genauer das berücksichtigen und bias-sensibel werden. Also die KI kann ja nur mit Algorithmen arbeiten, aber wir Menschen können uns sensibilisieren in Richtung Bias. Man weiß: Man kann nicht biasfrei werden. Das geht nicht. Aber bias-sensibel werden – dass einem bewusst ist: Weil derjenige jetzt so oder so aussieht, oder weil das eine Frau ist, oder weil die Person Übergewicht hat – das sind einfach Faktoren, die eine Rolle spielen können. Und sich dann aber selbst dessen bewusst sein und es für sich korrigieren. Und das, glaube ich, wäre dann wieder so ein gutes Zusammenspiel zwischen KI und Mensch: dass diese unterschiedlichen Bias-Optionen, mit denen wir rechnen müssen, ausgeschaltet oder zumindest reduziert werden können. Also insofern hat die KI hier sicher gewisse Vorteile – wenn man sie sich richtig zunutze macht. Das klingt vielleicht so ein bisschen kompliziert, und „Bias und Bias ist dann plötzlich kein Bias mehr“ – das weiß ich nicht, ob es einfach ist, aber darüber muss ich noch nachdenken, wie wir das genau einsetzen können.
Daniel: Ich finde es eine sehr spannende Fragestellung, weil die KI-Modelle, die wir heute kennen, wurden ja quasi mit allem zur Verfügung stehenden Wissen der Menschheit gefüttert, wenn man so will. Und es ist auch jeglicher Bias, der irgendwo vorhanden war, drin. Also das klassische Bild des Automechanikers, die Krankenschwester, der Polizist, die Lehrerin wird in der Maschine, wenn man es so will, bereits vorhanden sein. Dann wäre dein Appell also, Modelle zu trainieren, die möglichst biasarm sind oder sogar gegensteuern und Algorithmen zu entwickeln, die bewusst auf Bias sensibel sind und dem Bias jeweils entgegenwirken.
Martina: Oder sogar bias-neutral. Das müsste ja irgendwie funktionieren, dass man das gerade bei der Maschine ausschaltet. Dass man sagt: wirklich objektiv. Das ist von meiner Seite naiv, zu glauben, dass das möglich ist.
Daniel: Es wird wahrscheinlich möglich sein, ich bin mir noch nicht sicher, ob wir heute schon die Algorithmen zur Verfügung haben. Aber wenn man sich anschaut, was GPT-5 zum Beispiel schon kann, oder was die aktuellsten Bildgenerierungs-, Bildverarbeitungsalgorithmen können: Die können ja recht komplexe Dinge schon umsetzen. Dann soll es doch auch möglich sein, einen Lebenslauf geschlechterneutral, ohne Rassismusmuster, ohne Confirmation Bias, ohne Halo-Effekt, ohne „das schöne Bild bedeutet einen guten Menschen“ hinzubekommen. Sehr, sehr spannende Frage. Du hast auch mal gesagt, es ist der Aspekt der Menschlichkeit, der für dich eine sehr große Rolle spielt. Ist Menschlichkeit jetzt im Thema Bias, im Thema Kontrolle bereits komplett enthalten, oder gibt’s zum Aspekt Menschlichkeit darüber hinaus noch etwas, was dir wichtig wäre?
Martina: Ja, wenn man sich jetzt einfach die Situation vorstellt, wie wir sie in den Hotels haben, dann geht’s einfach darum, dass man hier ein freundliches Gesicht hat, jemanden, der einem das Gefühl gibt, hier bin ich gut aufgehoben, hier bin ich auch willkommen als Gast. Dann zeigt das einfach auch, dass wir das immer beibehalten werden. Es gibt ja da schon ganz viele Themen – auch jetzt unabhängig von KI oder auch vielleicht in Kombination mit Robotern –, die uns eines Tages servieren werden. Da geht es jetzt nicht nur um die, die es schon gibt, die einfach dann das gebrauchte Geschirr abholen und in die Küche fahren – also die klassischen Service-Roboter, genau, die sind ja ein Vorteil –, sondern wenn man jetzt wirklich weiterdenkt in Richtung des Films „I, Robot“, wo der dann wirklich alles macht, der dann wirklich in den Haushalten auch die Menschen unterstützt. Dass das dann in der Gastro auch ist: Anstatt dass mich ein freundlicher Kellner oder eine freundliche Dame im Service bedient, kommt nur noch der Roboter, nimmt meine Bestellung auf, bringt das Essen, und dann ist auch die Kommunikation gar nicht mehr möglich. Und ich glaube, das haben wir so gemerkt in der Zeit von Corona auch, wie wichtig – oder wie bewusst es den Menschen auch wieder geworden ist –, dass wir einander brauchen, ja. Auch wenn wir uns immer wieder mal auf die Nerven gehen und man ganz froh ist, wenn man sich zurückziehen kann. Aber wir sind eben soziale Wesen als Menschen, und es wäre schlimm, wenn man sich zu sehr auf das Andere einlässt – im Sinne von: Wir brauchen nur noch Maschinen, wir können da auf viel Menschliches verzichten. Gerade im Servicebereich, wie gesagt Hotellerie, Gastronomie – in der Industrie ist das nochmal ganz was anderes. Das wäre ein anderes Thema, über das man sprechen müsste, wo man sagt, hier kann die KI ja vielleicht einiges besser als Menschen, und die Menschen, die dann nicht mehr tätig sind, haben vielleicht andere Möglichkeiten, sich selbst zu verwirklichen, was vielleicht viel besser ist für ihr Leben, weil das eben Arbeiten sind, wo wir keinen Menschen mehr brauchen. Aber im Servicebereich, wo es um das Zwischenmenschliche geht, würde ich sehr aufpassen, dass man nicht zu sehr auf Automatisierung setzt.
Ich denke zum Beispiel an die Hotels, wo es schon nur noch Online-Check-in gibt. Wenn man dann wirklich an die Rezeption kommt und hier irgendwo seinen Schlüssel holen kann und nie einen Menschen sieht und so auf sein Zimmer geht – das mag für Geschäftsreisen vielleicht ab und zu ganz praktisch sein, weil es rund um die Uhr möglich ist. Aber ich finde es nach wie vor nett, wenn ich wohin komme und von einem Menschen begrüßt werde, der mich auch fragt: Wie war deine Reise? Ist das Zimmer im zweiten Stock in Ordnung für Sie? Und so weiter – Frühstück gibt es von 8–10.
Daniel: Ein wichtiger Punkt. Also wenn man viel unterwegs ist geschäftlich, dann schätzt man es durchaus, dass das Hotel auch spät am Abend oder in der Nacht ohne fremdes Zutun geöffnet hat, dass man ein Zimmer bekommt, wo der Schlüssel verfügbar ist. Aber es ist die Geschäftsreise, es ist Arbeit! Wenn man an den Bereich der Erholung denkt, wo auch der Wellnessfaktor, der generelle Wohlfühlfaktor reinspielt, ein ganz interessanter Punkt. Dass die Menschlichkeit – vor allem auf der Ebene des Beziehungsaufbaus und der Beziehungspflege – von einer Maschine übernommen werden kann, leuchtet bei näherem Hinsehen durchaus ein. Jetzt gibt es gleichzeitig die Beobachtung – die genaue Studienlage kenne ich nicht, aber ein, zwei Studien sind mir geläufig. Man hat Menschen im Bereich Coaching mit einem echten Coach über ein Online-Tool chatten lassen und eine vergleichbar große Gruppe mit einer KI. Spannend war, dass die KI als empathischer eingestuft wurde. Also könnte diese Effizienz, die wir in den KI-Modellen heute so vorfinden, durchaus auch in ein, zwei Aspekten eine Rolle spielen, die wir unter Menschlichkeit subsummieren.
Jetzt gibt es einen weiteren Aspekt zum Punkt Menschlichkeit – vielleicht kann man über den auch als Coach sprechen, wenn das passt –, und zwar: Wenn die Maschine, wenn man so will, auf einer Datenbasis agierend Empfehlungen gibt, bestimmte Personen zu rekrutieren, bestimmte Personen wieder zu verabschieden – wie schaut es dann mit Menschlichkeit aus? Zahlen und Daten lügen ja bekanntlich nicht, und der Mensch im Recruiting, der Personaler, die Personalerin hat vielleicht nochmal einen anderen Blick oder sieht mehr, als die Maschine in den Daten sehen kann. Wie schaut es dann nach deiner Erfahrung aus?
Martina: Da wäre ich auch sehr vorsichtig, weil ich mir denke: Zahlen und Daten kann man natürlich heranziehen, soll man auch heranziehen, aber oft steckt ja viel mehr dahinter. Also wenn jetzt jemand gerade die Leistung nicht erbringt und deshalb die Zahlen schlecht werden, dann zählt wieder genau dieser menschliche Faktor, nämlich dass man nachschaut: Warum ist es denn so? Dass man ein Gespräch mit der Person führt. Da wird mir die KI jetzt auch nicht so weiterhelfen können, sondern dass man mal nachfragt, was privat los ist. Warum ist die Person zum Beispiel oft krank und kann nicht so viel leisten, wie sie schon einmal geleistet hat? Und da dann wirklich nur die Zahlen sprechen zu lassen und zu sagen: Okay, die Leistung ist schlechter geworden, und deshalb müssen wir die Person austauschen – das halte ich für unmenschlich. Also das ist eine Welt, in der ich nicht leben wollen würde, wenn wir da wirklich nur danach gehen. Ich weiß, dass das zum Teil auch schon vorkam in Unternehmen: dass es wirklich nur um die Performance geht, was die Einzelnen leisten, und danach beurteilt wird. Aber es steckt ja hinter jedem Menschen auch eine Geschichte, ein Privatleben, und das finde ich, ist gerade in unserem Job – wenn wir sagen, wir arbeiten als People-&-Culture-Team oder als Human-Resources-Mitarbeiter – dann ist das einfach ein Teil davon, zu schauen: Was steckt hinter der Geschichte des Menschen, und warum geht es ihm jetzt so, wie es ihm geht?
Daniel: Genau, das ist ein Thema, warum ich weiterhin sehr froh bin, wenn Menschen im HR-Bereich arbeiten. Und, wie du sagst: Es gibt einzelne Unternehmen, von denen man hinter vorgehaltener Hand schon hört, dass der Mensch halt nur mehr ein Deckungsbeitrag bzw. eine Kostenstelle ist. Das stimmt bedenklich, und KI kann dazu verleiten, diese unsägliche Spirale sogar noch schneller zu drehen. Genau. Sind nach deiner Erfahrung oder Einschätzung Bereiche, wo für dich KI ein absolutes No-Go ist – also wo sie nicht mal als Werkzeug oder als Unterstützung in Betracht gezogen werden dürfte? Ich denke, die Hotellerie bietet ja ein sehr breites Spektrum an Tätigkeiten. Da würde mich deine Meinung interessieren.
Martina: Ich würde sagen, alles, wo wir genau das schätzen, dass uns hier ein Mensch gegenübersteht. Das Beispiel, das ich schon genannt hatte, ist der Service: dass man hier dann wirklich Roboter hat, die einen bedienen. Ich weiß nicht, ob wir das wollen sollen, ob wir uns das wünschen sollen. Und ich weiß, dass die vielleicht besonders freundlich sein können – so ein Roboter ist nie schlecht aufgelegt, hat nie das Privatleben im Hintergrund, von dem ich vorhin gesprochen habe. Dennoch müssen wir uns fragen: Ist es wirklich das, was wir wollen? Da spricht natürlich jetzt die Ethikerin aus mir: dass wir uns so auf das reduzieren, dass wir sagen, wir wollen dieses echte Menschliche gar nicht mehr. Und das gehört halt auch dazu, dass die Kellnerin, bei der ich ins Café gehe, nicht jeden Tag gleich gut gelaunt ist und dass ich auch ein Gespräch mit ihr führen kann als Gast, wenn ich weiß, dass sie eine kranke Mutter mit Demenz hat und nachfrage, wie es ihr geht – und sich deshalb dann ein Gespräch entwickelt. Oder ich ihr ein Lächeln schenke und weiß, das tut ihr gut, weil die meisten Gäste heute schon unhöflich zu ihr waren oder so. Ja, das macht es aus. Und das ist eben nicht nur alles lustig und schön, sondern das kann eben auch diese Facetten haben, wo man merkt, da muss man sich jetzt auf das Gegenüber etwas einlassen und vielleicht nachfragen – und das kann ich halt mit einem Roboter nicht, der alles ganz toll macht und vielleicht auch in Summe dann letztendlich günstiger ist als Servicekräfte, die eben auch krank werden können und vielleicht mal nicht so schnell sind, wie es gewünscht ist von Geschäftsführern. Aber es ist das, was uns, glaube ich, auch fehlen wird. Deshalb hier: sehr vorsichtig. Also genau das Helfende ist, glaube ich, ja: Wenn ich eine Servicekraft entlasten möchte, dann ist es genau dieser rollende Roboter, der dann das Geschirr wegbringt – das ist Servicehilfe. Aber nicht direkt am Tisch bei den Gästen.
Daniel: Ich finde das spannende Gedanken. Auch wieder ganz zentral der Aspekt der Menschlichkeit, weil es um Beziehungen geht. Am Ende des Tages sind es Menschen, die mit Menschen in Beziehung treten. Und auch im Service, wo man es sich kaum vorstellen kann, hast du jetzt selber gesagt, macht es vielleicht Sinn – aber halt nachgelagert: also dass die schmutzigen Teller und das schmutzige Geschirr der Service-Roboter wegbringt und in die Waschstraße und so weiter, und den Kontakt nach vorne, vom Tresen weg bis zum Kunden, den macht der Mensch – mit allen Facetten, die dazugehören: schlechter Tag, guter Tag, nicht gut geschlafen in der Nacht, mit dem falschen Bein aufgestanden. Jetzt habe ich schon einige Fragen gestellt. Was wäre denn aus deiner Sicht ein wichtiger Punkt, den man gerade im Zusammenhang mit KI im Bereich Hotellerie und Ethik beleuchten sollte, den ich noch nicht angesprochen habe?
Martina: Ich glaube, was gerade – nicht nur in der Hotellerie, sondern überhaupt – so ein Trend wird, gerade auch bei Serviceeinrichtungen, ist der Chatbot. Das ist etwas, was mir persönlich sehr unsympathisch ist. Ich finde es immer schrecklich, wenn ich merke, ich brauche jetzt Unterstützung, und dann meldet sich die KI bei mir – ja, mit einem gezeichneten Gesicht, ist es meistens, glaube ich, ein Avatar. Und ich habe meistens solche Fragen, wo es dann eh heißt: „Na, da müssen Sie jetzt die Service-Hotline anrufen, ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen.“ Aber das ist etwas, wo ich mir denke, das ist schon so ein starker Trend: dass man dann mit einem Chatbot kommuniziert, anstatt einen Menschen am anderen Ende der Leitung zu haben – oder eben auch chattet, meinetwegen. Und das merke ich jetzt schon, dass ich mich richtig freue – wo hatte ich das jetzt mal, war es beim Telefonanbieter oder irgendwo, wo ich angerufen habe? – Ach, Gott sei Dank, ein Mensch! Wo man auch schon fast froh darüber ist, wenn man eben Fragen stellen kann, die außerhalb von diesem Schema F oder diesen klassischen Fragen sind, mit denen gerechnet wird und worauf entsprechend auch programmiert wird – und die selbstlernende KI kann dann natürlich auch immer mehr Antworten geben. Aber es kann auch darüber hinausgehen. Das ist halt etwas: Wenn das jetzt in der Hotellerie auch kommen sollte – wenn man ein Zimmer bucht oder so –, ich habe es jetzt noch nicht erlebt, aber ich fürchte, dass so etwas schon von manchen vielleicht mitgedacht wird, was natürlich auch Kosten einspart. Da sind wir wieder bei der Effizienz, die meines Erachtens wirklich nicht alles ist. Aber als Gast würde ich mich jetzt nicht besonders gut aufgehoben fühlen, wenn ich immer weiß, es ist nie ein echter Mensch am anderen Ende der Leitung.
Daniel: Wie du sagst, es ist der Hype der KI, der aktuell überall Einzug hält, und langsam müssten es dann auch die – sagen wir mal – gemütlichsten Unternehmer:innen verstanden haben, dass es jetzt KI gibt. Und gerade im Bereich der Hotellerie, des Gastgewerbes, wo es ja um riesige Umsätze geht und wo es wirklich um sehr vieles geht – also große Nächtigungszahlen, große Besucherzahlen –, da wird schnell mit dem Rechenstift nachgeprüft, wo man denn etwas einsparen könnte. Ich hab eine ähnliche Erfahrung gemacht wie du. Ich bin, würde man sagen, technisch versiert, ich war lange Zeit in der IT tätig, und hin und wieder brauch ich auch Support von einem Hersteller. Und regelmäßig passiert es mir, dass ich dann halt den einzigen zur Verfügung stehenden Kanal nutzen muss. Das heißt, ich beginne eine Chat-Nachricht, und die erste Antwort ist – wie man es schon kennt – die Konserven-Dose. Dann schreibt man seine Frage rein, und man kriegt wieder eine Konservenantwort bis zu dem Punkt, wo man weitergeleitet wird zu einem echten Menschen. Und auch mir ist es gerade gestern Vormittag so gegangen, dass ich mir dachte: Danke, Herr im Himmel, es gibt noch echte Menschen am Ende der Leitung. Und da geht’s jetzt nur um Arbeit – das ist etwas, wo ich sage: Ja, wird ja bezahlt am Ende des Tages durch einen Kunden, durch einen Auftrag, man macht’s ja nicht zum Spaß. Aber wenn ich’s jetzt zum Spaß machen möchte – also Urlaub, eine Reise, eine Erholungsreise –, ich will mich erholen von dem ganzen Arbeitsalltag, dann wäre es für mich auch sehr unangenehm, wenn bei der Anfrage, ob ein Zimmer verfügbar ist, der „Finn“ oder der „Sam“ antwortet – und eigentlich würde ich mit dem Josef oder mit der Margit sprechen. Sehr spannender Punkt.
Martina, wenn du jetzt einen Wunsch frei hättest – angenommen, es gäbe so die KI-Glücksfee, die dir einen KI-Wunsch erfüllen kann –, was wäre denn so der größte Wunsch, den du derzeit mit KI verbindest?
Martina: Ich würd mir wünschen, dass wir eben diesem Hype nicht so sehr aufsitzen in Zukunft. Also dass man hier so ein bisschen nochmal einen Schritt zurückgeht und sagt: Wo ist es wirklich sinnvoll? Wo hilft es uns? Und helfen soll es überall da, wo es Menschen entlastet – Menschen insofern entlastet, dass sie dann mehr Zeit für das Menschliche haben. Das andere Beispiel ist ja die Pflege. Hier haben wir das ja auch. Wo ich mir denke, da sind wir noch nicht so weit. Also da sagen mir Pflegende immer wieder: Bevor es der Roboter macht, der eine halbe Ewigkeit braucht, bis er überhaupt über die Tür ist, weil er dann noch so langsam ist – dieser rollende –, mache ich es lieber selber. Also das wäre sinnvoll, wenn da was weitergehen würde: dass der eben irgendwas abräumt, Medikamente bringt oder irgendwie vorsortiert – solche Dinge. Dass das wirklich effizienter werden kann. Aber eben deshalb, damit die Pflegefachkräfte dann mit den Personen, die im Krankenhaus liegen oder im Pflegeheim sind, mehr Zeit verbringen können und sich um das wirklich Menschliche wieder kümmern können. Weil das ist für die meisten der Hauptgrund, warum sie in die Pflege gehen. Sie sind dann oft sehr enttäuscht, wenn sie merken: Okay, es geht vor allem um Effizienz. Und da würde ich schon auch eine Parallele zur Hotellerie sehen. Wir haben ja auch viele Gesundheitsgäste – das ist ja auch ein Hauptthema oder unser USP bei VIVEA Hotels –, dass wir Gesundheitsurlaube anbieten. Und da ist es natürlich gut, wenn die Menschen vor Ort, die hier arbeiten, in den Hotels Zeit für die Menschen haben und sich auch Zeit für ein Gespräch nehmen können – und nicht nur effizient die Physiotherapie oder die diätologischen Gespräche „runterarbeiten“ müssen, weil einfach viele Gäste da sind und man jedem gerecht werden will. Sondern: wenn sie entlastet werden und sie das einfach entspannt angehen können – oder vielleicht noch entspannter. Also dass sie das Gefühl haben: Ich kann dem gerecht werden, was mein Ideal ist oder was meinem Ideal nahekommt. Weil meistens ergreifen Menschen, die in Gesundheitsberufen sind oder mit Menschen zu tun haben wollen, diesen Beruf, weil sie die Zeit mit Menschen verbringen wollen – und nicht, weil sie dann viel Bürokratisches machen wollen oder irgendetwas vorsortieren wollen oder sich dann um die sauberen Handtücher kümmern müssen. Also genau das mit den sauberen Handtüchern wäre auch ganz klassische Roboterarbeit – dass der das dann wieder in den Schrank legt oder dass das irgendwie automatisiert ist. Und da kann man ganz viel machen. Und dann steht die Menschlichkeit wieder mehr im Mittelpunkt – und es ist trotzdem eine Effizienzsteigerung. Also das wäre so das Ideal, das ich vor Augen habe.
Daniel: Ich finde, es ist ein wunderschöner Wunsch und gar nicht so unrealistisch. Eine Künstlerin hat vor gar nicht allzu langer Zeit auf Instagram, glaube ich, mal einen Beitrag geschaltet, wo sie gesagt hat: Ich möchte, dass KI mein Geschirr abspült und meine Wäsche wäscht, damit ich wieder Bilder malen und Texte schreiben kann – und nicht umgekehrt. Also das ist es am Ende des Tages. Wir haben den Akkuschrauber nicht erfunden, weil es so toll ist, einen Akkuschrauber zu haben, sondern damit der Tischler sich noch mehr aufs Tischlern konzentrieren kann und noch mehr von dem machen kann, wofür sein Herz schlägt und seine Leidenschaft entfacht wurde. Und gerade in den Bereichen, wo Menschen im Mittelpunkt stehen – du sagst es: Gesundheitshotels, Gesundheitsurlaube –, dass wieder Luft und Zeit und Energie da ist für die Beziehungen, für Menschen mit Menschen, dann werden viele andere Dinge leichter oder vielleicht sogar obsolet am Ende des Tages.
In diesem Sinne: Es war ein sehr schönes Gespräch. Vielen Dank dafür!
Martina: Danke dir!
Daniel: Und ich hoffe, unsere Zuhörerinnen und Zuhörer werden es ebenso genießen. Wir freuen uns über Rückmeldungen – ihr findet einen Link zum LinkedIn-Profil in den Shownotes – und viel Spaß beim Nachdenken über KI und beim Finden sinnvoller Anwendungsbereiche. In unserem Podcast „Vom Hype zum Handeln“ sprechen wir alle zwei Wochen über die Chancen des Wandels im Zeitalter Künstlicher Intelligenz. Wir zeigen, was es am Markt in verschiedenen Bereichen gibt und was realisiert wird. Wir sprechen über neue Entwicklungen, ordnen sie ein und lassen auch Expert:innen und Partner zu Wort kommen. Damit erhältst du Einblicke aus erster Hand von Leuten, die schon zwei, drei Schritte weiter sind als der derzeit weit verbreitete Experimentierstatus.